Realisierst Du schon oder illusionierst du noch?

Pandemie, Krieg in Europa, gestiegene Energiepreise und Lebensmittelkosten, Klimawandel usw. – das Weltgeschehen scheint düster. Wendet sich das Blatt endlich bald wieder oder müssen wir uns langfristig auf unsichere Zeiten einstellen? Wie wirkt sich diese mutmaßliche Zeitenwende auf den Alltag des einzelnen aus?
Ein sensibles Thema, zu dem sich viele nicht äußern wollten. Ein Dank an vier mutige Zeitgenossen, die gerne ihre Gedanken zum Thema teilen. 

 

Maria Haido, 40 Jahre, Heilbronn, Verkäuferin:

 »Die dramatischen Entwicklungen in der Welt betreffen einen meist nur indirekt. Man kann so tun, als würde es einen nicht angehen. Aber wir haben nur eine Welt und die verdient es, respektvoll behandelt zu werden. Wir sollten aufwachen, denn was die Ukraine durchmacht, kann auch uns passieren. Darum versuch ich wachsamer durchs Leben zu gehen und Vorbild zu sein. 

In den letzten Jahren habe ich mein Konsumverhalten verändert. Ich achte viel bewusster auf die Wahl der Produkte, bei Lebensmittel, dass sie vor allem regional sind. Ich kaufe nicht mehr unüberlegt und in Mengen, sondern setze auf Nachhaltigkeit. Lieber weniger und dafür länger nutzen. Und obwohl ich in einem Unternehmen arbeite, welches unter schlechten Arbeitsbedingungen produzieren lässt, verurteile ich Ausbeutung. Darum bin ich seit Jahren als Betriebsrätin aktiv. Mit meiner Arbeit möchte ich Ungerechtigkeiten minimieren und Gewerkschaften im Ausland z.B. stärken.

Durch meine Betriebsratsarbeit bin ich in die Politik reingerutscht und nun Mitglied bei der Linkspartei und im Kreisvorstand. Ich möchte mich stark machen für sozial schwächere Menschen, bezahlbaren Wohnraum in Heilbronn, mehr Pflegepersonal, bessere Löhne und so weiter.

Ich wünsche mir, dass mehr Menschen für ihre Rechte kämpfen und ihr Leben nicht anderen überlassen. Als Mutter sind mir vor allem die Rechte der Frauen ein Herzensanliegen. Frauen, die kämpfen leben! Also seid mutig, euer Leben und die Zukunft unserer Kinder in die Hand zu nehmen!«

 

Rainer Baumgart, 44 Jahre, Flein, Sport- & Mentalcoach:


»Welche Zeitenwende? Der wichtigste Wandel ist der eigene Wandel! Den grössten Einfluss hat man nur auf sich selbst. Die narrativen Medien verlieren in meinen Augen immer mehr an Glaubwürdigkeit und ich konzentriere mich im Alltag auf meine Gesundheit und mein Mindset. Ich habe mich beruflich mit Beginn der Corona-Pandemie verändert. Ich helfe nun Menschen gesünder & fitter zu werden, ob sportlich oder mental.

Mein Konsumverhalten hat sich seither auch geändert. Ich esse viel gesünder, mache mehr Sport und verzichte auf Fleischprodukte. Außerdem verspüre ich jeden Tag den Drang, in die Natur zu gehen.

Die große Wende fand bei mir mental statt. Wow, was es da alles für Tools gibt, die ich früher gar nicht kannte! Begriffe wie Zirbeldrüse, Zeolith, Meditation, Chakren, Körperreinigungen u.v.m. kannte ich vor einigen Jahren gar nicht und sind nun meine beste Lebensbegleiter. Mein grösster Wendepunkt war 2012 ein längerer Aufenthalt in Thailand und Kambodscha.Ich hatte mich sofort in die Lebenskultur der Menschen dort verliebt. Seitdem lebe ich achtsamer und voller Brüderlichkeit.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass der Mensch seinen Wert wieder erkennt und materialistisches Denken der Vergangenheit angehört. Ich möchte mein Netzwerk erweitern und möglichst vielen Menschen mit meinen Erkenntnissen zu einem gesünderen Leben verhelfen. Ich versuche wahrhaftig zu leben und trage mein Herz auf der Zunge.«

 

Katja Hlawenka, 46 Jahre, Frankfurt, Flugbegleiterin:

»Ich höre überwiegend Nachrichten-Sender im Radio. Die Themen sind heute ernster geworden. In meinem Alltag spüre ich vor allem die gestiegenen Preise bei Sprit und Lebensmittel. Ich finde aber auch die klimatischen Auswirkungen beunruhigend, weil es immer weniger regnet. Diese Dürre ist besorgniserregend. 

Der Krieg in der Ukraine hat mir klar gemacht, dass die sichere Blase, in der ich vorher lebte nur eine Illusion ist. Wir haben uns daran gewöhnt, dass uns nichts passiert in dieser zivilisierten Gesellschaft. Doch plötzlich entflammt ein Krieg vor der eigenen Haustür. Das ist beängstigend und traurig. 

In meinem kleinen Kosmos, früher in Neckarsulm, heute in Frankfurt, versuche ich, verantwortungsvoll und solidarisch zu handeln. Ich gehe schon immer achtsam mit Ressourcen wie Wasser und Strom um und bevorzuge biologische Lebensmittel. Ich beobachte mein Konsumverhalten nun noch genauer und meide überflüssige Anschaffungen. Wichtig ist mir die Solidarität mit der Ukraine. Ich möchte nicht, dass die Menschen das Thema vergessen. Gemeinsam mit meiner kleinen Tochter male ich gern mit Kreide blau-gelbe Herzen auf die Straße. Speziell bei diesem Thema kann ich sehr emotional diskutieren, weil mich diese Ungerechtigkeit zutiefst bewegt.

Ich frage mich immer öfter, in welcher Welt meine Tochter leben wird. Ich hoffe, es wird eine friedliche und umweltbewusste. Ich wünsche mir ein großes Umdenken aller Menschen, in Richtung einer besseren Welt.«

Berna Gülerbasli, in der Blüte ihres Lebens, Heidelberg, Freischaffende Künstlerin:

»Nachrichten behandeln eine Zeit lang ein bestimmtes Thema und plötzlich hören wir nichts mehr davon, wie beim Krieg im Irak, Afghanistan und der Ukraine. Gleichzeitig herrschen in Afrika seit Jahren Bürgerkriege und Malaria und darüber wird kaum berichtet. Zwei Jahre lang ging es in den Medien nur um Covid. Und plötzlich war das kein Thema mehr.
Ich reflektiere für mich selbst die wichtigsten Themen der Welt und drücke meine Überlegungen oder Kritik dazu in meiner Kunst aus.  In meinem Alltag spüre ich den Klimawandel und die Dynamik der digitalen Welt sehr stark.
Ich lebe bereits viele Jahre bewusst, versuche so oft wie möglich Obst und Gemüse regional zukaufen.

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Mit meiner veganen Ernährung möchte ich dazu beitragen, dass das Tierleid irgendwann aufhört. Ich kaufe seit Jahren gezielt Vintage Mode und gebrauchte elektronische Geräte, um die Kinderarbeit zu meiden und die Reserven zu schützen. Ich habe während der Pandemie zwei Jahre nichts konsumiert und es war eine tolle Erfahrung. Mental stärke ich mich mit meiner Kunst, Musik und Sport.

Mein grösster Wendepunkt war, als ich zum Studieren nach Deutschland kam und blieb. Wenn ich Bundeskanzlerin hier wäre, würde ich Massentierhaltung, Tierleiden, Waffentransporte, Atomkraft, Plastik-Verpackungen, umweltschädliche Maßnahmen, Kinderarmut und Obdachlosigkeit beenden und keine mehrere Millionen Euro für die Bundeswehr einsetzen. Stattdessen sollten wir mehr Liebe und Solidarität zelebrieren.«